Sitzungstag: 09.04.2024
Verfassungswidrigkeit der rheinland-pfälzischen Beamtenbesoldung in den Besoldungsgruppen A 8 und A 9?
- Sitzungssaal: E 009
- Uhrzeit: 10:00 Uhr
- Aktenzeichen: 2 A 11745/17.OVG
- 1. Instanz: Verwaltungsgericht Trier
- Beteiligte:
Sch. (DBB-Beamtenbund und Tarifunion, Mannheim)
Land Rheinland-Pfalz (RAe Redeker Sellner Dahs, Bonn) - Sachgebiet: Besoldung
In dem besoldungsrechtlichen Berufungsverfahren begehrt der als Beamter auf Lebenszeit im Dienst des beklagten Landes stehende Kläger die Feststellung, dass seine Nettobesoldung ab dem 1. Januar 2012 verfassungswidrig zu niedrig bemessen bzw. – jedenfalls – verfassungswidrig festgesetzt worden ist. Das Verwaltungsgericht Trier hat seine Klage als zum Teil bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung der Vorinstanz ist die Klage im Hinblick auf den Zeitraum ab dem 18. Mai 2014 unzulässig, da der Kläger die Verfassungswidrigkeit seiner Besoldung nach seiner mit Wirkung zu diesem Datum erfolgten Beförderung zum Vermessungsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) nicht (erneut) zeitnah gegenüber seinem Dienstherrn geltend gemacht habe. Aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht habe es ihm oblegen, seinen Dienstherrn in Form eines neuen Antrags auch auf mögliche haushaltsrelevante Mehrbelastungen infolge einer etwaigen Unteralimentation in der Besoldungsgruppe A 9 aufmerksam zu machen, da das jeweilige Statusamt Bezugspunkt der Amtsangemessenheit der Alimentation sei. Für den davor liegenden Zeitraum von Januar 2012 bis einschließlich 17. Mai 2014 ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Alimentation des Klägers in der Besoldungsgruppe A 8 den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt habe. Mit seiner – wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache von der Vorinstanz zugelassenen – Berufung gegen dieses Urteil verfolgt der Kläger sein Begehren insgesamt weiter.
Das Verfahren wurde auf die übereinstimmenden Anträge der Parteien im Hinblick auf verschiedene beim Bundesverfassungsgericht anhängige Normenkontrollanträge betreffend die Verfassungsmäßigkeit der Beamten- und Richterbesoldung zunächst zum Ruhen gebracht.
Das Oberverwaltungsgericht wird nunmehr nach Eingrenzung des streitgegenständlichen Überprüfungszeitraums darüber zu befinden haben, ob die Bewertung der Vorinstanz, dass ein Verstoß gegen die aus Art. 33 Absatz 5 Grundgesetz resultierende Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation nicht vorliegt, in der Sache zutreffend ist. Bei der Überprüfung, ob die Alimentation den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt oder evident unzureichend ist, sind nach den vom Bundesverfassungsgericht zuletzt (Beschluss vom 4. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 –, BVerfGE 155, 1-76) aufgestellten Kriterien auch Feststellungen zum sog. Mindestabstandsgebot zu treffen. Der hiernach geforderte Mindestabstand wird unterschritten, wenn die Nettoalimentation – in der zur Prüfung gestellten oder (jedenfalls) untersten Besoldungsgruppe – um weniger als 15 % über dem Grundsicherungsniveau liegt. Sollte sich die Auffassung der Vorinstanz zur Verneinung eines Verstoßes gegen das Alimentationsprinzip bestätigen, wird die Berufung zurückzuweisen sein. Anderenfalls ist das Verfahren auszusetzen, um die Entscheidung des (Bundes-)Verfassungsgerichts zu der Frage einzuholen, ob die maßgeblichen Regelungen des rheinland-pfälzischen Besoldungsgesetzes mit Art. 33 Absatz 5 Grundgesetz vereinbar sind.