Pressemitteilung Nr. 30/2007
Der Antrag eines Mitbewerbers um die Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz, die Ernennung des ausgewählten Konkurrenten vorläufig zu untersagen, hat keinen Erfolg. Die vom Justizminister gemeinsam mit dem Richterwahlausschuss zu Lasten des Mitbewerbers getroffene Auswahlentscheidung verletzt diesen nicht in seinem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Beförderungsbegehren. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in einem heute veröffentlichten Beschluss.
Im Juni 2006 schrieb das Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz die Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz aus. Hierauf bewarben sich u.a der Antragsteller - Präsident eines Landgerichts - und der Beigeladene - Präsident eines oberen Landesgerichts -. Der Besetzungsbericht des Justizministers wies den Beigeladenen als den für die Stelle am besten geeigneten Bewerber aus. Der elfköpfige Richterwahlausschuss stimmte über den Vorschlag des Ministers ab. Es wurden fünf Ja-Stimmen, vier Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen abgegeben. Der Justizminister ist der Ansicht, der Beigeladene sei demzufolge ordnungsgemäß gewählt. Demgegenüber stellte der Antragsteller den Antrag, die Ernennung des Beigeladenen vorläufig zu untersagen. Das Verwaltungsgericht Koblenz lehnte dies ab. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte nun diese Entscheidung.
Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten des Beigeladenen sei weder in verfahrensmäßiger noch in inhaltlicher Hinsicht zu beanstanden. Der rheinland-pfälzische Richterwahlausschuss habe dem Besetzungsvorschlag des Justizministers mit der gesetzlich geforderten einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen zugestimmt. Bei der Beschlussfassung seien Stimmenthaltungen zulässig. Sie zählten bei der Ermittlung des Abstimmungsergebnisses nicht mit, könnten also insbesondere nicht als Nein-Stimmen gewertet werden. Dies entspreche der überkommenen Auslegung und praktischen Handhabung gleichlautender Mehrheitsregelungen. Wer sich der Stimme enthalte, gebe weder ein zustimmendes noch ein ablehnendes Votum ab. Er habe vielmehr auf das Abstimmungsergebnis keinen Einfluss nehmen wollen. Die anderslautende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Richterwahlen nach dem damals fortgeltenden Recht der ehemaligen DDR beziehe sich ausschließlich auf die besondere rechtliche und historische Situation nach der Wiedervereinigung. Sie sei auf die hier zu entscheidende Frage der Gewichtung von Enthaltungen im rheinland-pfälzischen Richterwahlausschuss nicht übertragbar.
Die Auswahl des Beigeladenen sei nach den Kriterien der Bestenauslese ermessensfehlerfrei erfolgt. Beide Bewerber hätten in ihrer jeweils letzten dienstlichen Beurteilung die Höchstnote erhalten. Bei einem derartigen Beurteilungsgleichstand stehe es im Ermessen von Dienstherr und Richterwahlausschuss, die für die Richtigkeit ihrer Personalentscheidungen letztlich die Verantwortung trügen, welchen eignungs- und leistungsrelevanten Kriterien größeres Gewicht beigemessen werde. Maßgebend sei insoweit das Anforderungsprofil des konkret zu besetzenden Amtes. Der Präsident eines Oberlandesgerichts, der in Rechtsprechung und Verwaltung höchste Anforderungen zu erfüllen habe, müsse nicht zwangsläufig über eine langjährige Erfahrung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit verfügen. Anderenfalls wäre ein "Quereinstieg" in das Spitzenamt einer Gerichtsbarkeit des Landes von vornherein ausgeschlossen. Dies liefe auf eine mit dem Leistungsgrundsatz nicht zu vereinbarende "Abschottung" der einzelnen Gerichtsbarkeiten gerade auf der für eine zeitgemäße Entwicklung der Justiz maßgebenden Leitungsebene hinaus. Danach sei es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Dienstherr und ihm folgend der Richterwahlausschuss von einem Eignungsvorsprung des Beigeladenen ausgegangen seien. Dieser habe sich im Unterschied zum Antragsteller bereits seit vielen Jahren als "Chefpräsident" eines oberen Landesgerichts hervorragend bewährt.
Beschluss vom 13. Juni 2007, Aktenzeichen: 10 B 10457/07.OVG