Die dem Zweckverband Flugplatz Bitburg durch die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord erteilte naturschutzrechtliche Befreiung zur Beseitigung von gesetzlich geschützten Biotopen in Gestalt von sogenannten mageren Flachland-Mähwiesen ist rechtmäßig. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.
Der Beigeladene ist ein Mitte der 1990er Jahre gegründeter Zweckverband, dessen Aufgabe in der Konversion des ehemals militärisch genutzten Flugplatzes Bitburg einschließlich der Durchführung der hierzu erforderlichen Bauleitplanung besteht. Mit dem im Jahr 2023 in Kraft getretenen Bebauungsplan Nr. 19 „Flugfeld West“ will der Beigeladene die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen zur Ansiedlung des zentralen kontinentaleuropäischen Distributionszentrums eines international agierenden Sportartikelherstellers mit einer Gesamtfläche von ca. 52 Hektar schaffen. Die durch den Bebauungsplan überplante Fläche erstreckt sich dabei in einem Umfang von etwa 38 Hektar auf sogenannte magere Flachland-Mähwiesen, die dem gesetzlichen Biotopschutz unterliegen und im Rahmen der baulichen Umsetzung der Planung beseitigt würden.
Mit Bescheiden vom 25. August und 11. November 2022 erteilte die SGD Nord dem Beigeladenen im Rahmen des Bauleitplanverfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 19 „Flugfeld West“ die naturschutzrechtliche Befreiung zur Beseitigung der mageren Flachland-Mähwiesen und verpflichtete ihn gleichzeitig zur Schaffung von Kompensationsflächen in Gestalt der Neuentwicklung von mageren Flachland-Mähwiesen im Umfang von 63 Hektar im Wege der Neueinsaat und zu der Durchführung eines jährlichen Monitorings bis mindestens zum Jahr 2032.
Die hiergegen von dem Kläger erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Trier ab (vgl. Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Trier Nr. 02/2024).
Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Die angegriffenen Befreiungsentscheidungen stellten sich als rechtmäßig dar, weil die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung einer naturschutzrechtlichen Befreiung erfüllt seien und die Entscheidung der SGD Nord als oberer Naturschutzbehörde auch nicht an Ermessensfehlern leide.
Die mit der Bauleitplanung des Beigeladenen verfolgte Ansiedlung des Logistikzentrums stelle sich, wie es für eine Befreiungserteilung erforderlich sei, als ein atypischer Sonderfall dar. Das Vorhaben weise mit einer benötigten Gesamtfläche von rund 52 Hektar eine außergewöhnliche Größe auf und stelle überdies besondere Anforderungen an die Lage und die Topographie der Baufläche, denen das hier in Rede stehende Gelände des Flugplatzes Bitburg in besonderer Weise gerecht werde. Hinzu trete die Atypik der betroffenen mageren Flachland-Mähwiesen selbst, die darin bestehe, dass die Biotopfläche aufgrund der ehemaligen Nutzung eine chemische Belastung mit sogenannten PFC-Schadstoffen (Per- und polyfluorierte Chemikalien) aufweise. Auch seien die erforderlichen öffentlichen Interessen an der Verwirklichung des Vorhabens gegeben, da die prognostizierten Investitionen von rund 360 Millionen Euro und die (zunächst) zu erwartenden 800 Arbeitsplätze zu einer signifikanten wirtschaftlichen Stärkung der Region führten. Diese öffentlichen Interessen gingen dem Biotopschutz unter anderem auch deshalb vor, weil ein besonderes Interesse an der zivilen Nachnutzung der ehemals militärisch genutzten Flugplatzfläche, die als Konversionsfläche Teil des „Bitburger Modells“ sei, bestehe und die Biotopfläche aufgrund ihrer chemischen Vorbelastung eine potenzielle Gefahr für Natur und Umwelt darstelle. Vor diesem Hintergrund sei es auch nicht zu beanstanden, dass von den Befreiungsbescheiden rund ein Drittel der Gesamtbiotopfläche auf dem Flugplatz Bitburg betroffen sei. Die angeordneten Kompensationsmaßnahmen begegneten keinen rechtlichen Bedenken. Der gerichtliche Prüfungsmaßstab sei vorliegend auf die Frage beschränkt, ob sich die durch das beklagte Land festgelegten Kompensationsmaßnahmen als fachlich vertretbar erwiesen. Dies sei nach dem derzeitigen fachlichen Erkenntnisstand der Fall. Dass der Kläger die Methode der sogenannten Mahdgutübertragung zur Entwicklung von Magerwiesen für besser geeignet halte als die in den Befreiungsentscheidungen vorgesehene Neueinsaat, sei für die rechtliche Bewertung irrelevant. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte in unzulässiger Weise auf eine positive Verbescheidung des Befreiungsantrags des beigeladenen Zweckverbandes vorfestgelegt gewesen sei. Die von dem Kläger insoweit angeführten Vorgänge – etwa eng getaktete Videokonferenzen – und Äußerungen des Präsidenten der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord seien vielmehr Ausfluss der fachbehördlichen Begleitung des Vorhabens. Schließlich komme es auf die von dem Kläger weiter angeführten Aspekte des Artenschutzes nicht an, da diese ausdrücklich nicht Gegenstand der Befreiungsentscheidungen gewesen seien.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision kann Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden.
Urteil vom 27. August 2025, Aktenzeichen: 8 A 10870/24.OVG