Die geplante Errichtung eines Offroad-Parks in Nierstein ist bauplanungsrechtlich unzulässig. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.
Die Klägerin, eine Firma aus Rheinhessen, beantragte die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Offroad-Parks – hauptsächlich für geländegängige Fahrzeuge und Motorräder – auf einem ehemals militärisch genutzten Areal, das im Außenbereich der Stadt Nierstein liegt. Der beklagte Landkreis Mainz-Bingen lehnte den Antrag mit Bescheid vom 11. März 2019 ab. Auf die daraufhin von der Klägerin erhobene Klage stellte das Verwaltungsgericht Mainz fest, dass der Ablehnungsbescheid rechtswidrig und der Beklagte verpflichtet gewesen sei, der Klägerin bis zum Inkrafttreten der zwischenzeitlich von der beigeladenen Stadt Nierstein beschlossenen Veränderungssperre für den Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans „Rhein-Selz-Park, Ost" am 18. Dezember 2019 die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung, soweit erforderlich unter Nebenbestimmungen, zu erteilen. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Veränderungssperre stehe der Erteilung der beantragten Genehmigung entgegen.
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts legten sowohl die Klägerin als auch der Beklagte Berufung ein. Im Verlauf des Berufungsverfahrens erklärte das Oberverwaltungsgericht auf einen Normenkontrollantrag der Klägerin hin mit Urteil vom 22. Juli 2021 die Satzung der beigeladenen Stadt Nierstein über die Veränderungssperre für den Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans „Rhein-Selz-Park, Ost“ für unwirksam.
Nachdem die G.-GmbH ihr Interesse bekundet hatte, auf dem überwiegenden Teil des Plangebiets einen großflächigen Campus für Rechenzentren zu entwickeln, legte die Beigeladene unter dem 13. September 2024 den Vorentwurf eines Bebauungsplans „Rhein-Selz-Park, II – Rechenzentrum“ vor. Mit Beschluss vom 29. Oktober 2024 billigte der Stadtrat der Beigeladenen den Vorentwurf und gab ihn zur frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der Behörden und Träger öffentlicher Belange frei. Im Dezember 2024 beschloss der Stadtrat der Beigeladenen eine neue Veränderungssperre für den Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans „Rhein-Selz-Park, II – Rechenzentrum“.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz wies das Oberverwaltungsgericht zurück und führte zur Begründung aus:
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Genehmigung. Das zur Genehmigung gestellte, im Außenbereich gelegene und nicht nach § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) privilegierte Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange und sei deshalb bauplanungsrechtlich unzulässig. Förmliche öffentliche Planungen seien bereits dann als öffentliche Belange anzuerkennen, wenn sie ein Stadium erreicht hätten, das hinreichend verlässliche Schlüsse auf ihre Verwirklichung zulasse, wobei es hierzu eines Mindestmaßes an Verfestigung und Verdeutlichung dieser Planung bedürfe. Im vorliegenden Fall sei von einer Planung auszugehen, die sich inhaltlich bereits hinreichend konkretisiert und verfestigt habe, um von einer ernsten Möglichkeit ihrer bevorstehenden Verwirklichung ausgehen zu können. Angesichts der außerordentlichen wirtschaftlichen Bedeutung des Vorhabens für die Beigeladene, das nach deren unbestrittenem Vorbringen mit einer Investitionssumme von mehreren Milliarden Euro verbunden sei und etwa 500 Arbeitsplätze schaffen solle, sei nicht damit zu rechnen, dass diese von ihrer, in Gestalt des Vorentwurfs vom 13. September 2024 über eine Änderung der ursprünglich geplanten Gebietsfestsetzung in ein Sondergebiet „Rechenzentrum“ bis hin zu einer Ausweisung von Baufenstern für die insgesamt 10 großen Rechenzentrumgebäude bereits weitgehend konkretisierten, Planung nochmals von sich aus Abstand nehme. Dies gelte umso mehr, als das Plangebiet nach Aufgabe der militärischen Nutzung im Jahr 2009 und dessen Erwerb durch die Rhein-Selz-Park Nierstein GmbH im Jahr 2014 seither brachliege. Ob der Genehmigung des Vorhabens auch eine wirksame Veränderungssperre entgegenstehe, bedürfe danach keiner Entscheidung.
Auf die Berufung des beklagten Landkreises änderte das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts und wies die Klage insoweit ab, als es festgestellt hat, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, der Klägerin bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre am 18. Dezember 2019 die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen. Insoweit habe es im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils bereits deshalb an der erforderlichen Spruchreife gefehlt, weil der mit dem Genehmigungsantrag vorgelegte landespflegerische Begleitplan keine hinreichenden Aussagen zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem naturschutzrechtlichen Verbot der Störung wild lebender Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten (vgl. § 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz) enthalten habe in Bezug auf die innerhalb des Vorhabenareals als Brutvogel nachgewiesene, in Rheinland-Pfalz stark gefährdete Turteltaube und in Bezug auf streng geschützte Fledermausarten, bei denen von einem Quartierverdacht im Vorhabengebiet ausgegangen werde. Im Übrigen wies das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Beklagten zurück.
Urteil vom 16. Januar 2025, Aktenzeichen: 1 A 10241/22.OVG